Strahlen im Binntal im August 2017

Die Strahlerferien waren schon lange geplant und entsprechend gross die Vorfreude, zusammen eine Woche lang im Binntal zu verbringen. Dann ist der Zeitpunkt da, an dem es losgeht. Leider kann Kurt wegen der Arbeit nicht bereits am Samstag anreisen, also mache ich mich alleine auf den Weg. Nach dem Bezug der Ferienwohnung in optimaler Lage mitten in Binn besuche ich Toni Imhof in seinem Mineralienladen. Anschliessend schaue ich bei Turi und Maria vorbei, wo ich mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt werde, und mache noch einen Abstecher zu Gody (der im Herbst 2017 leider verstorben ist) und Erika auf dem Campingplatz Giessen. So neigt sich der Samstag schnell dem Ende entgegen.

 

Am Sonntag entscheide ich mich nach dem Holen der Fahrbewilligungen für das Saflischtal, auf dem Klopfplatz der Grube Lengenbach mein Glück zu versuchen. Obschon auf den ersten Blick nicht wirklich viel Klopfmaterial vorhanden ist, kann ich ein paar schöne Kleinmineralien finden. Hauptsächlich grüner Turmalin und gelbe Zinkblende-Kristalle darf ich mitnehmen, aber auch ein paar noch zu bestimmende „Lengenbacher“. Gegen Abend trifft dann auch Kurt ein. Nach einem guten – von Kurt zubereiteten – Nachtessen machen wir uns Gedanken, in welcher Gegend des Binntals wir unseren ersten Strahlertag verbringen wollen. Wir entscheiden uns letztlich für das Feldbachtal, wo wir uns Richtung Holzjihorn halten wollen.

 

Erfolgreicher erster Strahlertag

Wie viele andere Gebiete im Binntal ist auch das Feldbachtal sehr gut abgesucht. Unzählige Exkursionen führen dorthin, auch weil das Feldbachtal von der Schinerewyssi aus recht einfach zu erreichen ist. Entsprechend findet man am Hang Richtung Holzjihorn viele geöffnete Klüfte. Und doch können immer wieder schöne Funde gemacht werden, auch wenn das Finden von noch nicht bearbeiteten Anzeichen zunehmend schwieriger wird.

 

Doch das Wetter passt, wir sind in guter Stimmung und geniessen die Natur und die Ruhe abseits der Zivilisation. Bald haben wir beide einen Glücksbringer in Form eines kleinen Bergkristalls in der Hosentasche. Kleine Spitzen von 2 bis 3 Zentimeter kann man immer wieder in der Wiese oder im Abraum von Klüften finden, teilweise mit eingeschlossenen Rutilnadeln. So arbeiten wir uns – jeder für sich – im Zick-Zack den Hang hinauf, beobachten, graben an der einen und anderen interessante Stelle und schauen auch hie und da in bestehende Klüfte hinein, ganz nach dem Motto: man kann immer wieder dazulernen. Nachdem wir uns aufgrund des hügeligen Geländes eine gewisse Zeit aus den Augen verlieren, begegne ich dann Kurt wieder und sehe, dass er am Graben ist. Offenbar hat er eine interessante Stelle gefunden. Doch lassen wir ihn erzählen…

 

„Typisch für dieses Gebiet ist, dass es sehr viele kleine Klüfte hat. Da sehr viele Strahler und noch mehr Exkursionen in diesem Gebiet suchen, ist es schon schwierig, eine neue Kluft zu finden. Für mich hat hier schon jemand angefangen. Das Quarzband ist noch leicht sichtbar und der Riss verläuft in die gleiche Richtung wie bei allen umliegenden, ausgeräumten Klüften. Es sieht sehr vielversprechend aus, weshalb ich meinen Rucksack ablege und zu arbeiten anfange. Mit dem Eispickel grabe ich etwa 10 cm tief. Bereits kommen erste Scherben und dann auch Spitzen zum Vorschein. Heinz ist in der Zwischenzeit auch eingetroffen; jemand muss mir ja die tollen Schätze abnehmen. Als die Kluft immer tiefer nach unten führt, reichen meine Arme nicht mehr und Heinz mit seinen längeren Armen birgt noch einige schöne Stücke.“

 

Neben einigen interessanten Kristallflächen ohne Spitzen können wir auch immer wieder schöne Kristalle bergen. Doch auch ich kann meine Arme nicht verlängern; also tiefen wir den Kluftrand etwas ab. Mit dem Strahlerpickel geht das unerwartet gut und ohne grossen Aufwand. Am Schluss hat die Kluft eine Gesamttiefe von über 1 Meter und wir können ihr mehr als 100 Kristalle bis ca. 10 cm Grösse entnehmen. Die Freude ist riesig über diesen überaus gelungenen Strahlertag.

 

Unsere weiteren Erlebnisse

Für den Dienstag ist die erste Blausee-Tour vorgesehen (die Fahrbewilligungen gelten nur für den vorgängig mit der Gemeinde Grengiols vereinbarten Tag). Mit der Fahrt bis Sickerchäller sparen wir uns rund 2 Stunden Anmarsch. Der Weg von dort bis zum Blausee und die Aussicht dort oben sind alleine schon den Aufstieg wert. Dann wird es richtig steil. Neben den allerorts begehrten Rauchquarzen und Morionen kann man hier auch schöne schwarze Turmaline (Schörl) finden. Am Ende dieses Tages sind unsere Rucksäcke nicht wirklich schwer, aber trotzdem ist es ein schöner und gelungener Tag bei bestem Wetter. Einzig die Schmerzen im Knie von Kurt gefallen uns nicht.

 

Am Mittwochmorgen – die Beschwerden bei Kurt sind nicht mehr so gross – machen wir uns früh Richtung Binntalhütte/Ofenhorn auf. Dort hat Kurt im vergangenen Jahr ein paar schöne Adulare gefunden. Das Wetter ist wieder optimal, d.h. sonnig und doch nicht zu heiss. Auch an diesem Tag dürfen wir wieder ein paar wenige Schönheiten und Wunder der Natur mitnehmen. Doch es stellt sich auch heraus, dass die nächtliche Erholung bei Kurt’s Knie nicht wie erhofft hingehalten hat.

 

Der Höhepunkt

So einigen wir uns am Abend, am nächsten Tag anstelle der zweiten Blausee-Tour eine weniger anstrengende zu machen. Die Gesundheit geht vor. Also starten wir wie jeden Tag kurz vor 6 Uhr in der Ferienwohnung mit dem Ziel Turbenalp-Turbweng. Ich habe ein bestimmtes Gebiet im Kopf, das ich letztes Jahr erstmals besucht habe. Doch wie das so sein kann, wenn man sich ein „neues“ Gebiet nicht gut genug einprägt: wir sind etwas zu früh vom schmalen Weg weggegangen, so dass wir in immer steileres Gelände gelangen (so viel zu weniger anstrengend für das Knie von Kurt). Wir entscheiden uns dann, bis zur nächsten flachen Stelle hochzusteigen, um dort erst einmal das Mittagessen einzunehmen. Gesagt, getan. Anschliessend machen wir uns dann wieder auf die Suche. Nach ein paar eigenen erfolglosen Versuchen sah ich dann Kurt und ich ging zu ihm. Kurt hat wieder das Wort…

 

„Im Gebiet angekommen, staune ich nicht schlecht: es sieht aus wie ein Emmentalerkäse mit vielen Löchern. Etwas müde und wegen der Schmerzen setze ich mich hin. Hier macht es keinen grossen Sinn, zu suchen, denke ich. Lieber etwas die schöne Aussicht und das Wetter geniessen. Heinz ist mit Volldampf am Suchen, jede Kluft und jeden Riss bearbeitet er mit grossem Eifer. Nur sitzen wird mir dann doch zu langweilig. Neben mir verläuft ein Quarzband, ca. 10 cm breit, 50 cm lang und quer zur Schieferung des Gesteins. Ich scharre also sitzend fast etwas lustlos mit dem Eispickel im Quarzband. Dieses ist sehr spröde, so dass ich ohne grosse Anstrengung immer tiefer komme, fest im Glauben, dass das ohnehin nur ein taubes Quarzband ist. Dann werden plötzlich kleine Flächen sichtbar. Heinz ist inzwischen zu mir gekommen; es kann ja nicht sein, dass ich so lange am gleichen Ort arbeite, ohne dass da etwas wäre. Ich mache Pause und Heinz übernimmt die Arbeit. Die unscheinbaren Flächen entpuppen sich als erster Spitz, ziemlich milchig, aber doch 20 cm hoch. Nun glaube auch ich, dass dies der Anfang einer Kluft ist. Zusammen bergen wir noch einige schöne Kristalle.“

 

Nachdem ich von Kurt die Arbeit übernommen habe, zeigen sich am Kluftboden ein bald paar Kristallspitzen, milchig, aber schön gross. Jetzt heisst es, besondere Sorgfalt walten zu lassen, so dass wir keine Kristalle beschädigen. Vorsichtig arbeiten wir weiter und entfernen das Material an der Decke, danach geht es im rechten und hinteren Bereich weiter. Nachdem wir genügend Platz geschaffen haben, geniessen wir zuerst einen (oder zwei) Momente lang den Anblick der bereits sichtbaren Kristalle. Dabei fragen wir uns auch, ob wir die ganze Gruppe am Stück ernten dürfen. Bald zeigt sich, dass dies nicht der Fall sein wird. Die Freude ist trotzdem unbeschreiblich gross. Stück für Stück kommt ans Tageslicht bzw. unter die schützende Jacke. Als wir den Kluftboden noch etwas abtiefen, um den grossen Zapfen befreien zu können, erscheinen weitere Spitzen, die auch nicht von schlechten Eltern sind. Ohne einen einzigen Hammerschlag können wir zahlreiche Kristalle bergen. Langsam und vorsichtig tragen wir die schweren Rucksäcke die steilen, weglosen Hänge hinunter. Und eines hat sich einmal mehr gezeigt: es lohnt sich doch immer wieder, auch vermeintlich suboptimale Stellen gut anzuschauen.

 

Unsere Abschlusstour

Nach dieser erfolgreichen Strahlerwoche wollen wir den Freitag im Feldbachtal einfach noch einmal strahlend geniessen. Auch wenn wir an diesem Tag keine Vitrinen-Stücke finden, erleben wir einen herrlichen Tag. Zum Ferienabschluss lassen wir uns mit einem feinen Nachtessen im Jägerheim in Ausserbinn verwöhnen.